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Peter Kohl

Text von Laura Giudici

Der Hüter der Träume

Auf einem Bergbauernhof in Kärnten, dem südlichsten der neun Bundesländer Österreichs, lebt und arbeitet Peter Kohl. Er ist dort aufgewachsen und hat sich nach seiner Ausbildung entschlossen, zurückzukehren.

Wenn er sich in seiner Freizeit der Landwirtschaft widmet und in gewisser Weise zu seinen Wurzeln zurückfindet, indem er diese Tätigkeit mit der künstlerischen Produktion verbindet, kann er sein Gleichgewicht finden. So hat er seine Liebe zur Natur und ihrer Großzügigkeit wiederentdeckt. Die natürliche Umgebung und die Landschaft sind eine unerschöpfliche Inspirationsquelle für seine Kunst, insbesondere bei der Wahl der Farben und Farbkombinationen.


DIE SUCHE NACH FREIHEIT

Peter Kohl erhielt eine klassische künstlerische Ausbildung, die es ihm ermöglichte, sich eine solide theoretische und technische Grundlage anzueignen, aus der er sich dann befreien wollte, um seine eigene Sprache und seinen Ausdruck zu finden. Die Farbwahl ist in seinem Schaffen von besonderer Bedeutung, und mit der Zeit hat er gelernt, sich dabei mehr und mehr von seiner Intuition leiten zu lassen. Eine sorgfältige Beobachtung der Natur und eine Vorliebe für Zwischentöne in Kombination mit kräftigen Farben bilden die Grundlage seiner Farberkundung. Während seiner Ausbildung nahm das Studium der Anatomie eine zentrale Rolle ein und beeinflusste zunächst seine Produktion. Die Dekonstruktion und Aneignung des Körpers und der menschlichen Figur beschäftigte den Künstler während und unmittelbar nach seinem Studium so sehr, dass er sich in dieser Suche festgefahren fühlte und irgendwann das Bedürfnis verspürte, sich von der figurativen Sprache zu lösen und sich ausschließlich der Abstraktion zu widmen. Einige Jahre später tauchen, so unerwartet wie natürlich, wieder Lichtkörper in seinem Schaffen auf. Peter Kohl lässt sich wieder von der Intuition leiten und beschließt, sich mit diesen neuen Körpern auseinanderzusetzen, sie nach seiner Sensibilität und seinen Ausdrucksimpulsen zu gestalten und zu präzisieren. So entstehen geflügelte Figuren, tolerante Engel – wie der Künstler sie definiert -, die seine kritische Haltung gegenüber dem Katholizismus verkörpern. Diese Figuren kehrten einige Jahre lang in verschiedenen Deklinationen wieder und wichen dann allmählich hybriden und bewusst undefinierten Körpern, die heute seine zutiefst persönliche Sprache charakterisieren, mit der es ihm gelungen ist, sich von den vorherrschenden Konventionen und Kanons zu distanzieren.

»DIE KUNST STEHT IM DIENST DER REVOLTE.«

Der ausdrucksstarke und spontane Stil, die kühne Farbgebung und die scharfe Satire der Werke von Peter Kohl erwecken entweder eine unheilvolle Anziehungskraft oder eine instinktive Abneigung, und er ist sich dieser doppelten Rezeption durchaus bewusst. Dazu bemerkt er: »Ich beobachte sehr viel, sehr intensiv. Ich bin unheimlich neugierig, sehr kritisch, sehr wissbegierig, sehr politisch. (...) Ich sehe mich als Beobachter, der keine Lösungen parat hat, sondern der aufzeigt. Das mache ich sehr radikal und unverblümt, um auch eine dementsprechende Wirkung zu erzielen. Wenn man meine Werke betrachtet, ist man entweder fasziniert oder schockiert. Meiner Meinung nach muss Kunst bewegen, egal ob positiv oder negativ.«

Er selbst sagt, dass er malt, was ihn berührt, und dass er durch künstlerische Ausarbeitung seine Themen direkt, ironisch, provokativ, selbstkritisch, manchmal sogar witzig, aber immer kompromisslos darstellen will. Bei bestimmten Themen ist es ihm wichtig, die Botschaft klar zu vermitteln, aber ansonsten lässt er das Publikum gerne im Ungewissen und im Staunen. Das Vorhandensein von einzelnen Worten und Textfragmenten in den meisten seiner Kompositionen trägt dazu bei, die Botschaft weiter zu verdeutlichen oder, wenn nicht, sie noch geheimnisvoller zu machen.

Das Schreiben ist für den Künstler ein weiteres wichtiges Ausdrucksmittel, das es ihm ermöglicht, seinen Überlegungen und Emotionen eine andere Form zu geben. Seine textliche Praxis weist wie seine malerische Praxis einen gewissen Automatismus auf und entsteht aus emotionalen Zuständen, die sich einer rationalen Kontrolle entziehen. Die intensive Beschäftigung mit einem Thema mündet systematisch in die Ausarbeitung eines Textes und fast gleichzeitig in die Realisierung einer Skizze. Diese Elemente bilden dann die Grundlage für die Ausarbeitung einer bildlichen Umsetzung. In den letzten Jahren hat er auch begonnen, ornamentale Elemente aus Zierwalzen in seine Leinwände einzubauen, die an die in bürgerlichen Interieurs der vergangenen Jahrhunderte häufig anzutreffenden Wandmotive erinnern.

Seine Bilder suchen tatsächlich den Dialog mit uns und laden uns ein, in ein traumhaftes Universum einzudringen, das zwischen dem Figürlichen und dem Abstrakten angesiedelt ist und von hybriden Körpern und anthropomorphen Tieren bevölkert wird, die an die surrealistische Poetik erinnern. Diese künstlerische und literarische Bewegung übt einen ständigen Einfluss auf sein Schaffen aus, und Träume spielen eine zentrale Rolle in seinem Werk und Leben. Der Künstler schreibt seine Träume oft auf, auch mitten in der Nacht, versucht zu verstehen, was sie ihm mitteilen wollen, träumt mit geschlossenen und mit offenen Augen. Man könnte sagen, dass seine Bilder aus der gleichen Substanz wie Träume bestehen: in einer verwirrenden, aber pulsierenden Flüssigkeit sind sie mit Bedeutung aufgeladen. Die imaginären Welten, die er zum Leben erweckt, erlauben es ihm, einen kritischen Blick auf die Realität zu werfen, sich mit ihr auf tiefgreifende und radikale Weise auseinanderzusetzen und die vielen Fragen und Verwirrungen zu beantworten, die sie in ihm aufwirft. Dabei lässt er sich von den Worten des Philosophen Albert Camus leiten: »Die Kunst seht im Dienst der Revolte.«


SUBVERSIVE POESIE

Die Gemälde von Peter Kohl sind reich an figurativen und textlichen Bezügen aus den unterschiedlichsten Kontexten: Katholizismus, Musik und Populärkultur im  Allgemeinen, auf die das Universum der sozialen Medien einen immer deutlicheren Einfluss ausübt. Die jüngste Gemäldeserie »Au hasard Balthazar« ist beispielsweise inspiriert von dem gleichnamigen Film von Robert Bresson aus dem Jahr 1966. Die Geschichte von Maria und ihrem Esel Balthasar ist eine wunderbare Erkundung des menschlichen Daseins und eine Allegorie des Leidens und der Transzendenz. Der Künstler erklärt: »Die Nähe dieses Filmes ›Au hasard Balthazar‹ zu meinen Zugängen diese Welt zu begreifen mit den Mitteln meiner Kunst, hat mich tief berührt. Der Mensch als Wesen dieser Welt, der sowohl das Gute als auch das Böse in sich trägt. Im ständigen Kampf zwischen diesen beiden mächtigen Polen schafften wir Systeme, die alles andere als vollkommen sind. Demokratie, Diktatur, Religionen bieten uns Lebensformen die wir leben können, dürfen oder müssen. Dazwischen passiert das Leben das sowohl Freude als auch unendliches Leid produziert. (...) Balthazar ein Stoffesel? Eine Herausnahme aus dem Kreislauf des Leidens durch die Verniedlichung. Ist das möglich? In meiner Welt begegnet Balthazar dem Leiden als verniedlichter Stoffesel. Er ist nicht mehr direkt betroffen. Ein stiller Beobachter aus Plüsch, am Blumenfeld, zugedeckt, entsteht ein neuer Kontext.«

In anderen Serien leiht sich der Künstler stattdessen populäre Figuren wie Batman, Joker, Spiderman oder die Figur des Clowns, um den performativen Charakter unserer Existenzen und die Schwierigkeiten hervorzuheben, auf die wir stoßen, wenn wir unsere Identitäten und Meinungen in einer Welt, die uns eher zur Uniformität drängt, zur Geltung bringen wollen. In diesem Sinne weist sein Werk gewisse Affinitäten zu zentralen Figuren der kalifornischen Kunstszene seit den 1970er Jahren auf, wie Mike Kelley und vor allem Paul McCarthy. Letzterer schafft wie Peter Kohl Werke mit bissigem Humor, die mit populären Illusionen und zeitgenössischen kulturellen Mythen spielen und Fantasie und Realität durch eine Analyse des kollektiven Unterbewusstseins aufeinanderprallen lassen. In den Werken beider steht die menschliche Figur im Mittelpunkt, und zwar durch eine Vielzahl imaginärer Charaktere, in denen sich Hoch- und Niederkultur vermischen und die eine eindringliche Kritik an den Welten verkörpern, aus denen sie stammen: Politik, Religion, Film und Unterhaltung. Unsere Gesellschaft braucht heute mehr denn je subversive Stimmen wie die von Peter Kohl und künstlerische Ausdrucksformen, die uns die Augen öffnen.